Titel: Botschafter des Erinnerns: Polnischer KZ-Überlebender bei Wiens Bürgermeister Ludwig


Datum/Zeit: 05/05/2023 11:59 AM


Meldungstext: OTS107 5 CI 0488 NRK0006 II 05.Mai 23

Kommunales/Wien/Nationalsozialismus/Geschichte/Gedenken

Botschafter des Erinnerns: Polnischer KZ-Überlebender bei Wiens
Bürgermeister Ludwig
Utl.: Gusen-Überlebender Stanislaw Zalewski am Jahrestag seiner
Befreiung zu Gast im Rathaus =

Wien (OTS/RK) - Am 5. Mai 1945 wurde das NS-Konzentrationslager Gusen
östlich von Linz durch die US-Armee befreit. Wiens Bürgermeister
Michael Ludwig hat heute, Freitag, am 78. Jahrestag der Befreiung
einen der letzten lebenden Zeitzeugen, Stanislaw Zalewski, in den
Roten Salon des Wiener Rathaus geladen. Der 97-jährige Präsident des
Verbands ehemaliger polnischer KZ-Häftlinge ging 600 Tage durch die
drei KZ-Höllen Auschwitz-Birkenau, Mauthausen und Gusen. Dort wurde
Zalewski – der als gelernter Fahrzeugtechniker am polnischen
Widerstand 1943 im Warschauer Ghetto teilnahm und dabei
Wehrmachtsfahrzeuge manipulierte sowie Parolen für ein freies Polen
an Hauswände anbrachte – bis zu seiner Befreiung als Zwangsarbeiter
in der Rüstungsfabrik Messerschmitt und dem Kommando Bergkristall
eingesetzt.

Bürgermeister Ludwig strich das Engagement des Zeitzeugen gegen
das Vergessen der schrecklichen Taten des Naziregimes hervor: „Sie
sind ein Vorbild in mehrfacher Hinsicht: Sie haben ihr Leben lang
Rückgrat bewiesen. Sie haben aus Überzeugung schon als Jugendlicher
im Alter von 14 Jahren gegen die Nazis gekämpft. Sie haben gleich
drei NS-Vernichtungslager überlebt. Und Sie haben nach ihrer Flucht,
nach Ihrer Rückkehr nach vorne geblickt und neu angefangen.“ Nicht
zuletzt habe es sich Zalewski zur Aufgabe gemacht, „als Zeitzeuge vor
dem Terrorregime des Nationalsozialismus zu warnen und insbesondere
Jugendlichen die eigenen, schrecklichen Erfahrungen zu schildern“.

„Mein Ziel nach meiner Befreiung war es immer, junge Menschen dazu
zu bewegen, sich für die Demokratie zu engagieren. Damit sich nicht
das wiederholt, was mir als Erfahrung zuteilgeworden ist“, sagte
Zalewski. Die Berichte dieser Erfahrungen würden auch ihn sehr
betroffen machen, so Ludwig, doch gerade die Schilderungen von
Zeitzeug*innen hätten bei jungen Menschen die größte Wirkung. „Leider
werden die Zeitzeuginnen und Zeitzeugen immer weniger. Deshalb ist es
besonders wichtig, dass diese Erinnerungen aufgezeichnet und
weitergegeben werden, um damit dem aufkeimenden Antisemitismus und
Rassismus oder dem Leugnen und dem Relativieren des
Nationalsozialismus entgegenzutreten“, sagte Wiens Bürgermeister. So
war Zalewski vor einigen Jahren in Wien im Wiedner Gymnasium, um dort
vor Schülerinnen und Schülern zu sprechen, „damit junge Menschen
wichtige Impulse bekommen, sich für die Demokratie einzusetzen“, so
Ludwig.

Zalewski äußerte die Hoffnung, dass es in irgendeiner Form zu
einer Zusammenarbeit zwischen seinem Verband ehemaliger KZ-Häftlinge
und der Stadt Wien kommen könne. Bürgermeister Ludwig sagte ihm
weitere Gespräche darüber zu und verwies auf bereits bestehende
Kooperationen der Stadt Wien mit verschiedenen KZ-Dachverbänden oder
dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes.

Bürgermeister Ludwig überreichte seinem Gast als Geschenk mehrere
Gläser eines Wiener Traditionsunternehmens – „am besten füllen Sie
diese mit einem der ausgezeichneten Wiener Weine“, so der Vorschlag
Ludwigs. Im Gegenzug erhielt der Stadtchef ein signiertes Exemplar
von Zalewskis Buch „Ereignisse und Zeichen der Zeit“, in dem dieser
seine Erlebnisse während der Zeit des Zweiten Weltkriegs schildert.

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